Neue Kulturgeographie 2023

26.-28. Januar 2023 Halle (Saale)

Nach einer krisenbedingten Pause möchten wir die Tagungsreihe Neue Kulturgeographie reaktivieren und laden daher für den Januar 2023 ans Institut für Geowissenschaften und Geographie in Halle (Saale) ein. Die „Neue Kulturgeographie“ wird wie immer eine Konferenz sein, die für ein breites Spektrum von Beiträgen und Themen offen ist. Der Bedarf an einem offenen Forum zur Diskussion aktueller Fragen und Herausforderungen in der Kultur- und Sozialgeographie scheint derzeit besonders groß zu sein. Gleichzeitig möchten wir ein Konferenzthema vorschlagen, das unserer Meinung nach besonders geeignet ist, geographische Fragen zur Gegenwart zu stellen.

Auch wenn diese Ankündigung der 18. Tagung der Neuen Kulturgeographie auf eine Rückkehr zu einer vorpandemischen Normalität hindeuten könnte, findet diese Rückkehr unter dem Eindruck multipler, miteinander verbundener und sich überlagernder Krisen und Krisenerfahrungen statt, die die Vorstellung einer vergangenen wie auch einer zukünftigen Normalität in Frage stellen. Mit dem Konferenzthema „Geographies of Overlapping Crises“ möchten wir uns mit diesen Krisen auseinandersetzen und nach ihren Bedeutungen und Spezifika für die Gegenwart fragen.

Die Beschreibung der Gegenwart durch Krisen hat bereits seit längerem Hochkonjunktur – Krise ist ein ebenso allgegenwärtiges wie erklärungsbedürftiges Phänomen (Runkel/Everts 2017). Zum einen gibt es vor allem zeitdiagnostische Gründe, die Gegenwart im Modus der Krise zu beschreiben und wahrzunehmen. Seien es Klimawandel, Pandemien oder Krieg, die Geographien unserer Gegenwart scheinen sich in Formen „überlappender Krisen“ (Sultana 2021) darzustellen, die bestehende Ungleichheiten verstärken. Diese sich überschneidenden oder multiplen Krisen sind geographisch und sozial ungleich und können kaum getrennt voneinander verstanden werden. Dies macht relationale und intersektionale Ansätze besonders attraktiv und relevant. Zum anderen ist das Konzept der Krise vielschichtig und spielt in vielen Theorien und Ansätzen im Umfeld der Neuen Kulturgeographie eine wichtige Rolle, da sie häufig das Instabile, Widersprüchliche und Kontingente sozialer Beziehungen und Praktiken betonen. Eine wichtige Frage ist daher, ob das Konzept der Krise aktualisiert werden muss oder ob die Geographie besonders geeignet und vorbereitet ist, die Krisen der Gegenwart oder die Gegenwart als Krisen wahrzunehmen und zu beschreiben.

Während wir wie immer Beiträge aus allen Bereichen der Humangeographie und den Nachbardisziplinen begrüßen, laden wir insbesondere dazu ein, sich mit einigen der folgenden Fragen zu beschäftigen:

  • Was können Geograph:innen zum Verständnis der planetarischen (Clark/Yusoff 2017), sozioökonomischen und geopolitischen Probleme beitragen? Was sind vielversprechende Wege für Interventionen und  Möglichkeiten, über die Kritik hinauszugehen “ (Massey 2004) ?
  • Die Tagung der Neuen Kulturgeographie (NKG) ist seit ihrer Gründung ein Ort für anregende und zukunftsweisende Forschungen und theoretische Debatten. Was können unsere bisherigen Debatten über Infrastrukturen, technologische Assemblagen, more-than-human Beziehungen, Affekte, soziale Praktiken, das Kleine und das Große – um nur einige zu nennen – zur Analyse unserer heutigen Konstellationen beitragen?
  • Angesichts der Covid-19-Pandemie und des Krieges in der Ukraine gibt es bisweilen das Gefühl, dass die westlichen Gesellschaften und ihre Wissenschaftler:innen die schwelenden geopolitischen Konflikte und die globalen sozialen Ungleichheiten zu lange übersehen haben. Ist das wirklich der Fall? Vielleicht haben die Erkenntnisse von Humangeograph:innen und anderen kritischen Sozialwissenschaftler:innen noch nicht genug Aufmerksamkeit erhalten. Wie schaffen wir Möglichkeiten, um uns auch außerhalb der akademischen Welt Gehör zu verschaffen?
  • Es ist von entscheidender Bedeutung, die geographische Forschung relevant zu machen. Was können wir lernen, wenn wir uns intensiver mit intersektionalen Ansätzen befassen? Machen wir Fortschritte bei der Entkolonialisierung und Diversifizierung der Humangeographie und der Sozialwissenschaften im Allgemeinen?

Die oben genannten Themen und Fragen sollen unsere Leitthemen für die nächste NKG abstecken und wir freuen uns sehr darauf, aktuelle Forschungen und theoretische Ideen kennenzulernen und zu diskutieren. Wir laden herzlich ein, Vorschläge für Sitzungen und Abstracts bis zum 30. September 2022 einzureichen. Beiträge können auf Deutsch und auf Englisch eingereicht werden. Wir bitten um Abstracts per E-Mail an conference@geo.uni-halle.de. Informationen zur Anmeldung finden sich auf www.kulturgeographie.org.

Die Konferenz findet zwischen dem 26. und 28. Januar 2023 statt. 

Literatur

Clark, N. / Yusoff, K. (2017): Geosocial formations and the Anthropocene. In: Theory, Culture & Society 34 (2-3), 3-23.

Massey, D. (2004): Geographies of responsibility. In: Geografiska Annaler: Series B, Human Geography 86, 5-18.

Runkel, S. / Everts, J. (2017): Geographien sozialer Krisen / Krisen sozialer Geographien. In: geographica helvetica 72, 475-482.

Sultana, F. (2021a): Climate change, COVID-19, and the co-production of injustices: a feminist reading of overlapping crises. In: Social & Cultural Geography, 22 (4), 447-460.

Sultana, F. (2021b): Political ecology II: Conjunctures, crises, and critical publics. In: Progress in Human Geography 45 (6), 1721-1730.

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